Von der Lehrerin zur Weltenbummlerin

Ich hatte also meine Arbeitsstelle als Volksschullehrerin in Wien gekündigt, die Jahre der Sprachassistenz in Frankreich hinter mir gelassen, ein weiteres Studium abgeschlossen und wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Wer wie ich sehr traditionell auf dem Land groß geworden ist, hat seine eigenen Prägungen und erlaubt sich oftmals nicht groß zu träumen. Allzu gerne denkt man in vertrauten Lösungen. In Bildern, die man kennt. Aber zurück in einen Job war für mich keine Option.

Bruno hatte mir in Frankreich in Reiki-Sitzungen erlaubt, wirklich groß zu träumen. Sein Rat lautete, etwas zu tun, was mein Herz ganz und gar zum Singen bringt. Etwas nur für mich. Das Einzige, was mich wirklich inspirierte, war die Idee zu reisen. Doch dafür brauchte ich Geld, und meine Ersparnisse waren längst aufgebraucht. Also entschied ich loszulassen, was ich in den Jahren nach meiner Hochzeitsabsage auf mühevolle Weise erworben hatte. Meine Wohnung. Immer schon hatte ich durch das Loslassen am allermeisten gelernt.

Ich fand eine Lösung, die für mich wie maßgeschneidert schien. Sie erlaubte mir, guten Gewissens aufzubrechen und mich auf mein ganz persönliches Lebensabenteuer einzulassen. Ein Jahr lang hatte ich in Poitiers meine Reise nach New York visualisiert. Ich wollte diese Stadt kennen lernen und jeden Tag fiel mein Blick auf die bunte Collage, die ich angefertigt hatte. Mehrmals hatte ich die Erfahrung gemacht, dass wenn ich meinem Herzen folgte, ich eine Hand gereicht bekam. Es war Ende des Studienjahres, als meine liebe Freundin Gabi, die rein gar nichts von meiner Vision wusste, eine Einladung nach Manhattan aussprach. Ich war begeistert.

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Meine Reise nach Übersee sollte 90 Tage dauern. Ich hatte zwei Stopps geplant. Den Rest wollte ich auf mich zukommen lassen oder aus dem Moment heraus entscheiden. Ganz intuitiv. Es waren fantastische drei Monate mit allen möglichen emotionalen Höhen und Tiefen. Wunderbare Begegnungen und herzerfrischende Wiedersehen wechselten mit Tagen der Frustration, die die missglückten Beziehungen der vergangen Jahre betraf. Das Thema machte mich abgrundtieftraurig. Und natürlich blieb ich auch in den USA davon nicht verschont. Wenn ich eine Lektion im Leben gelernt habe, dann diese: Du nimmst dich überall hin mit. Du kannst vor dir SELBST nicht davon laufen.

Die Traurigkeit, die ich also in der Heimat gefühlt hatte, war noch dieselbe in der Fremde. Ich ging erneut durch mein ganz persönliches Tal der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Eine Überraschungsreise nach Hawaii brachte viel Licht ins Dunkel. Ich weilte eine Woche auf Maui und wurde mit Einladungen nach Kanada beschenkt. Drei Monate später war mein Ticket nach Toronto gebucht. Rosa empfing mich in Mississauga, Chrystine in Vancouver. Den Mann, in den ich mich auf Maui verliebt hatte, traf ich in Alberta in den Rocky Mountains wieder. Es waren fantastische zwei Wochen. Doch am Ende kam, was ich intuitiv von Anbeginn wusste. Ich durfte diesen wunderbaren Menschen kennen lernen, um ihn loszulassen. Mich erfasste die größte Traurigkeit meines Lebens und es brauchte zwei Jahre, bis sie vollständig in mir geheilt war. Die Worte meiner weisen Freundin Phyllis aus New York begleiteten mich lange: „Accept the pain in love“. Der Satz wurde zu meiner Krücke und half mir, zu überleben.

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Wenn ich nicht in meinem Kummer gefangen war, widmete ich mich kreativen Schaffensprozessen. Ich begann zu malen. Mein Arm suchte einen Ausdruck, von dem ich nicht wusste, was er bedeuten sollte. Später war klar, es waren Bilder des Lichtes, die entstehen wollten. Ich begann Tango zu tanzen, stellte die Frau in mir in den Mittelpunkt meines Lebens, widmete mich den Themen der Nähe zu mir SELBST, der Sinnlichkeit, der Kreativität, dem Licht. Meine Wahrnehmung veränderte sich und mit ihr mein Bewusstsein.

Immer wieder zog es mich in die Ferne. Mal in Europe. Mal in Übersee. Und auf jeder Reise taten sich Herzensbegegnungen auf, denen erneut Einladungen folgten. Wenn ich auf Reisen war, schien ich im Fluss zu sein. 2012 verwirklichte ich eine Freiwilligenarbeit in Peru. Zwar hieß es erneut, als Lehrerin tätig zu sein, aber die Möglichkeit, auf authentische Weise ein exotisches Land kennen zu lernen, war verlockend. Ich packte abermals den Koffer, schob einen Stopp in Buenos Aires zum Tango tanzen ein und war auch nicht erstaunt, als ich meine Rückreise nach Wien nicht antrat.

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Kurz danach ereilte mich eine Einladung nach São Paulo. Ich reiste mit dem Bus. 36 Stunden lang und mit einem Rucksack von 7 Kilo Gepäck. Ich wollte 2 Wochen bleiben. Aber alles kam anders. Land und Leute begeisterten mich so sehr, dass ich beschloss, die Sprache zu lernen und mein Touristenvisum von 90 Tagen auszuschöpfen. Es waren abenteuerliche Monate mit magischen Schicksalsbegegnungen. Ich fühlte große Dankbarkeit und dennoch machte sich in einem Moment erneut diese Traurigkeit über das Allein-Sein breit. Sie zog mich eine Woche lang in einen emotionalen Abgrund. Ich wusste nicht weiter. Das Leben schon.

Es hatte eine Antwort parat und führte mich auf unglaublichen Wegen zu einer schamanischen Kommune unweit von Salvador da Bahia. Dort machte ich die Erfahrung des ALL-EINS-SEINS und der bedingungslosen Liebe in einem Ayahuasca-Ritual. Eine vollkommenere Erfahrung scheint mir schier unmöglich. Ich weiß um das Geschenk. Als ich neun Monate später am Flughafen Schwechat in Wien ankam, fühlte ich zum ersten Mal in meinem Leben keinen Widerstand, wieder zuhause zu sein. Es war gut. Ich war im Frieden. Für eine ganze Weile. Bis mich das Leben erneut rief, auf ein Thema zu blicken, das nach Erlösung verlangte.

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Bis zum nächsten Mal schicke ich dir seelenvolle Grüsse
Deine Erika

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