Die Singularität ist längst realisiert – ein Gedankenexperiment

Dieser Gedanke verfolgt mich seit einigen Monaten, er kam auf, als ich mich mit KI und Ray Kurzweils Buch über die technologische Singularität beschäftigt habe… Unter den Technophilen gibt es also diese Idee der Singularität, auf die wir zustreben….

...Aber was, wenn sie längst eingetreten wäre?

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Zur Begriffserklärung: (technologische) Singularität

Als Singularität wird im Grunde eine auf technologischem Wege erzielte, vollkommene Transzendenz beschrieben. Geprägt wurde der Begriff vor allem von Ray Kurzweil, einem Zukunftsforscher, der seit einigen Jahren in den Google Labs tätig ist. Zur Person: Die Musik hat ihm die Erfindung des Keyboards, ich glaube bei Roland zu verdenken. Weiters hat Kurzweil zahlreiche Errungenschaften im Bereich Künstlicher Intelligenz vorzuweisen, in den 90ern erste Sprachcomputer entwickelt, sowie ein Unternehmen für Nahrungsergänzungsmittel gegründet. Er selbst (ca 65 Jahre alt) soll über 50 Tabletten am Tag schlucken, um sein Leben zu verlängern. Denn die Prämisse lautet:

Live long enough to live forever.

Es geht dabei darum, jenen Punkt in der Menschheitgeschichte zu erreichen, an dem die Lebenserwartung pro Jahr um mehr als ein Jahr steigt. Hinter dieser mathematischen Idee versteckt sich das ewige Leben – es sei denn, natürlich, man wird irgendwann von einem fliegenden Auto überfahren oder so…
Weiters hat Kurzweil einige Bücher veröffentlicht, unter anderem das vor allem im Silicon Valley sehr einflussreiche „Die Singularität ist nah“, auf welche sich dieser Post vor allem bezieht.

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Exponentieller technologischer Fortschritt

Nach diesem Buch, so Kurzweil, steuern wir aufgrund der sich exponentiell beschleunigenden technologischen Entwicklung eben auf eine Singularität zu. Im Grunde genommen besagt exponentielles Wachstum in diesem Fall, dass sich in den letzten 100 Jahren mehr in technologischer Hinsicht entwickelt hat, als in den letzten 1000 Jahren. Und in der Zukunft soll die Entwicklung so weiter gehen, und sich eben in den kommenden 10 Jahren mehr verändern als in den vergangenen 100. So ungefähr.
Wenn man das weiter spinnt, dann erreicht man irgendwann einen Punkt, an dem der Fortschritt so schnell ist, dass er gewissermaßen Raum und Zeit vollkommen durchdringt, und im Grunde jedes einzelne Atom im Universum erfasst. Dies bedeutet im Wesentlichen: Totale Transzendenz, totales Bewusstsein, vollkommene Durchdringung.

2042

Kurzweil hat berechnet, dass sich dieses technologische Singularität ungefähr im Jahr 2042 einstellen wird. Für die Menschheit soll dieses Ereignis eine Art Eintritt in das Paradies bedeuten – unsere kühnsten Träume werden wahr, realisieren sich, alles ist möglich, alles geschieht und so weiter.

So weit so gut. Wer glaubt, das ist eine verrückte Idee, der muss wissen, dass inzwischen die Singularity University in Californien gegründet wurde, welche ihre Studenten auf ein Leben in Zeiten exponentiellen Fortschritts vorbereitet. Es gibt gar ein Kryptowährung, die von dieser Universität geschaffen wurde oder wird – den SingularityNET Token, welcher Hodlern ermöglichen soll, Künstliche Intelligenz auf neue Weise zu nutzen – unterwegs in die Unendlichkeit.
Und wenn man nach nackten Zahlen geht, spricht die Mathematik ja durchaus auch dafür, dass diese Singularität auch erreichbar ist.

Gedankenexperiment: Die Singularität ist da

Nun zum eigentlichen Gedanken, auf den ich hinaus will: Was wäre, wenn diese Singularität längst eingetroffen ist? Dieser Gedanke rührt aus einer ganz banalen Schlussfolgerung. In der Physik gibt es ja ebenso Singularitäten: Zum einen Schwarze Löcher, und zum anderen den Urknall. Beides Singularitäten, eindimensionale Entitäten ohne räumlicher Ausdehnung, welche jedoch eine riesige Masse aufweisen.
Wenn wir jetzt mal den Urknall hernehmen, jene von den meisten Physikern und wohl der Allgemeinheit am ehesten anerkannte Erklärung für den Ursprung von Zeit und Raum, und unseres Universums. Wir definieren den Urknall als Anfang sowohl von Zeit und Raum. In der Singularität selbst existieren weder Raum noch Zeit – ebenso wie in der technologischen Singularität, da eine vollkommene Transzendenz Raum und Zeit obsolet macht. Denn wenn etwas alles ist, dann ist es zugleich nichts.

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Wie würde diese Erfahrung, in der Singularität zu existieren, nun aussehen?

Diese Erklärung erscheint mir recht logisch. Was benötigten wir, um Dinge zu erfahren? Wir benötigen Zeit. Denn Dinge können nur in der Zeit geschehen. Wir benötigen also Zeit. Und Raum bzw. Materie. Denn der Mensch ist, zumindest auch, ein räumlich, materielles Wesen. Erfahren kann man nur in der Zeit, im interaktiven Prozess der Existenz.

Wie kann uns dies nun gegeben werden? - Ganz einfach, man benötigt ein Universum. Ein Konstrukt, welches aus räumlichen und zeitlichen Dimensionen besteht, und Materie beinhaltet. Wie kann ein Mensch menschliche Bedürfnisse, Erlebnisse, Ereignisse erfahren? Indem er im Universum ein Leben lebt. Dasselbe gilt für alle anderen Lebewesen, natürlich.

In welcher Realität leben wir?

Wenn in der Singularität keine Zeit existiert und kein Raum, dann muss sich ein Universum erzeugen, um all diese Erfahrungen zu ermöglichen. In welchem Universum leben wir nun? Wenn diese Transzendenz, diese alles durchdringende Existenz, nun keine Zeit beinhaltet, dann bedeutet dies Ewigkeit. Menschliche Existenz ist jedoch nicht ewig. Ein Menschenleben ist prinzipiell durch Geburt und Tod eingegrenzt, einmal abgesehen von allen möglichen spirituellen Deutungen, die dieses Menschenleben hervorbringen kann. Also hat diese Singularität dieses Universum erzeugt, oder das Universum erzeugt sich in der Singularität, um in ihm sämtliche menschlich möglichen Erfahrungen „durchleben“, oder besser erfahren zu können.

Unsere Wirklichkeit – eine Variante menschlicher Erfahrung

Und genau diese Erfahrungen sind es, die unsere eigenen Leben ausmachen. Wir alle sind eine dieser vielen Möglichkeiten, die ein Mensch erfahren kann. Dieses Spiel läuft in allem voran, was existiert. Einmal erfährt sich Existenz in Form eines Menschenlebens, einmal in Form einer Maus, einmal in Form eines Asteroiden, der zwischen den Sternen fliegt.

Die Singularität spielt in ihrer Ewigkeit jede Form von Existenz durch. Wir sind der Urknall.

Alles, was innerhalb dieses Universums beobachtbar ist, stellt eine dieser unendlich vielen Realitäten dar, welche sich in der unendlichen Durchdringung von Transzendenz verwirklichen kann.

Also: im Multiversum existiert dieser Gedanke: Die Singularität ist längst geschehen. Eine Entität die keine Zeit aufweist, ist dasselbe wie eine solche, die unendliche Zeit aufweist. Innerhalb ihrer Unendlichkeit manifestiert sich jede Erfahrung, die jemals existieren kann – denn warum nicht? Denn in der Unendlichkeit wird es schnell langweilig. Also spielen wir doch diese unendlichen möglichen Szenarien durch, zu welchen auch alle Facetten der menschlichen Erfahrung zählen. Eine davon ist dein Leben.

All das geschieht zugleich – jede Wirklichkeit ist im Jetzt manifestiert. Das Jetzt als Nexus zwischen innen und außen. Die Singularität.


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