Dabei balancierend auf ganz dünnem Eis
So offenbart er sich – aus der deutschen Perspektive – der Blick auf die Ergebnisse des »Programme for International Student Assessm«.
Mit einem gewissen räumlichen Abstand (über die Alpen hinweg) betrachtet, sieht das eigentlich nicht so übel aus. Das, mit dem im senkrechten Lot aufrecht stehend, beinahe schon an das Arrogante grenzende Gehabe, wurde doch vor Jahrzehnten bereits von Bayern bis nach Schleswig mitsamt dem unbiegsamen Krupp-Stahl dem allgemein gängigen Standard angepasst. Wieso also wundert man sich im vorhersehbaren Zyklus, wenn man auch in Bezug auf Bildung nicht über die mittelmäßige Schräglage hinauskommt?
Für den einen oder anderen standhaften Verfechter des deutschen Wertesystems bricht jedoch exakt hier der wichtigste Bestandteil für eine Zukunft, in der der Horizont nicht bereits auf dem Facebook-Kanal beginnt und gleichzeitig endet.
Kein Wunder somit, dass sie wieder stärker lodern, die Flammen unter dem Kessel, in dem das lange erwartete und reformierte Schulsystem gekocht wird. Es grenzt zwar an ein physikalisches Wunder, wie es passieren konnte, die eingekochte (reduzierte) Brühe vor dem kompletten Anbrennen zu bewahren. Doch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in jeder neuen Legislatur mit geschmacksneutralem Wasser aufgegossen wird, dann kommt das hin. Nur, gebrauchsfertig und dazu genießbar wird sie dadurch nicht.
Doch nun, nach den uns vorliegenden Ergebnissen, ist der Andrang um den ominösen Topf wieder einmal immens. Köche wie Sand am Meer und jeder hat seine eigene Zutat im Köcher. Im Gewürzregal ganz weit vorn platziert dabei – das Wundermittel Homeschooling. Ein Anglizismus zur Rettung des deutschen Bildungswesens. Somit ein kapitales Versagen des deutschen Sprachvereins.
Wie aus dieser Zutat allerdings später ein Hochgenuss entstehen soll, darüber darf ausführlichst diskutiert werden. Denn faktisch ist unbestritten, dass das Rezept lediglich aus der theoretischen Natur seine Reibungspunkte (Diskussionsgrundlage) hervorbringt.
Ein Blick, nicht ganz frei von subjektiven Wahrnehmungen, auf die eigene Schulzeit, lässt mich weit von der Schulbildung im heimeligen, elterlichen Wohnzimmer abrücken. Nicht, weil ich auf der hölzernen Tischplatte meinen Namen nicht einritzen darf, sondern meine Eltern für diese Mammutaufgabe schlichtweg nicht geeignet schienen. Denn, wie wir inzwischen glauben, behaupten zu können, taugen Lehrer für solche Projekte nicht.
Und an diesem Punkt stellte das mir, seit meiner Geburt, zugewiesene Ehepaar keine Ausnahme dar. Zumal beide auch noch ihre, in pädagogisch tätigen Kreisen, so extrem knappe Freizeit mit Engagements im sozialen Bereich ausfüllen mussten. Ganz oben auf der Liste der Dringlichkeiten: Partei und Kirche. Unzweifelhaft zwei Komponenten, ohne die keine funktionierende Gesellschaft auskommt.
Für Lehrer mitsamt Anhang ist das Thema Homeschooling somit bereits beendet, bevor die erste Pausenstulle überhaupt belegt wurde. Dem anschließen dürfen sich die Juristen, die ein Scheitern ihres Nachwuchses bei einer halbjährlichen Überprüfung umgehend als eigene (persönliche) Niederlage deuten und den Rechtsweg bis zur letzten Instanz einschlagen würden.
Schwierig wird es auch für Erna und Emil Mustermann, die (um monatlich überhaupt über die Runden kommen zu können) beide auf ihren Vollzeitjob angewiesen sind.
Mit diesen Tatsachen, die das gesamte Bildungsproblem lediglich an der Oberfläche ankratzen, ist auch klar, weshalb sich weder auf Länder- noch auf Bundesebene Positives andeutet. In allen Parlamenten sind Lehrer und Juristen überproportional vertreten, während Emil und Erna überlegen, ob sie überhaupt an einer Wahl teilnehmen sollten. Paragrafenreiter und beamtete Pädagogen, verfrachtet man im Volksmund auch gerne in der Schublade mit den elenden Besserwissern. Wohl nicht ganz grundlos.
Zum krönenden Abschluss bietet sich hierzu ein Exemplar an, der sich überall, wo immer er sich breitmachen konnte, diese Gelegenheit nicht verstreichen ließ – und sich nun, mit allen staatlichen Privilegien ausgestattet, in den Ruhestand verabschiedet. Ein Gemütszustand, in dem er geistig, seit seiner Zeit als Amtsrichter in Saarbrücken, bereits seit Jahrzehnten weilt.
Zudem ein typisches Beispiel dafür, welch energiegeladene Sprungbretter in den Parlamenten so bereitstehen. Amtsrichter – Abgeordneter – Ministerpräsident – Verfassungsrichter. Wie sehr Herr Müller dabei in der Treue zur im Grundgesetz verankerten Unabhängigkeit der Gerichte steht, bewies er vor ein paar Tagen, als er (weil er gerade nichts zu tun hatte) sich beim CDU-Landesparteitag niederließ und der (seiner) viel diskutierten Entscheidung zum Etat des Bundeshaushaltes, selbst Beifall klatschte.
Der Jurist und Politiker P. Müller gab folgende Worte von sich, als er alle Fäden in der Hand hielt, um im Saarland die Bildungspolitik dem Anspruch gerecht werden zu lassen, der momentan von allen Seiten eingefordert wird.
Es scheint dann doch nicht so wirklich „gut“ funktioniert zu haben – das mit dem eisernen Willen und dessen Umsetzung in das reale Greifbare.
Schüler würden sich wohl auch über Klassenzimmer freuen, in denen nicht nur der Putz von den Wänden bröckelt, sondern (dank eines Sonderhaushaltes) auch mehr als drei Steckdosen verbaut sind. Nach sechs Stunden Unterricht etwas für die körperliche Verdauung bereitsteht, da zuhause nur Bofrost oder der große Frust warten. Am Nachmittag die Möglichkeit besteht, sich mit Referendaren auszutauschen, die den Stoff vom Vormittag stressfrei ins Verwertbare übersetzen und damit Hausaufgaben überflüssig werden.
Womöglich verschwendete ich meine Gedanken gänzlich umsonst mit diesem Thema und übermorgen ist das Sondervermögen Bundeswehr Schnee von gestern und die paar Groschen fließen dorthin, wo sie dringender gebraucht werden?
Um die Steckdosen kümmert sich dann Christian Lindner. Der, soweit ich mich erinnern kann, hat doch früher mit Strom sein Geld verdient. Bis er nicht von diesen Sprungbrettern im Abgeordnetenhaus gehört hatte …