Morgens um 7:00 bei Kaufland

Die Chefin zu Hause ist unterwegs. Dann muss Leroy ran.

Fängt mit dem Leeren des Briefkastens an. Alles weggeschmissen außer dem Kaufland-Prospekt.

Der Gedanke war folgender: Einmal gezielt für zwei Wochen in Berlin einkaufen gehen und dann den Kleinkram, den man vergessen hat, von den Kindern nachträglich erledigen lassen. Das Putzen natürlich auch.

Also Prospekt studiert, mir Sachen markiert, zusätzlich noch überlegt, was wir brauchen, Kochplan im Kopf gemacht und dann morgens um sieben los, so dass man danach noch pünktlich zur Arbeit kommt. Abends, wenn die Unterklasse dort in Jogginganzügen Bierdosen in ihre Wagen schaufelt, fahre ich da nicht mehr hin.

Parkplatz leer. Genügend Einkaufswagen. Alles sauber, alle Regale voll. Keine dämliche Musik, keine Werbung, kein Geschrei. Leroy war fast alleine im Konsumpalast.

Den Einkaufszettel hatte ich natürlich zu Hause vergessen.

Also bin ich einfach an die Fleischtheke; da war irgendwas mit nachhaltigem Fleisch im Angebot. Gleich drei komplette Schweinenacken, zwei Rinderbraten von der hohen Rippe und zwei Filets mitgenommen. Die Fleischfachverkäuferin, anfangs noch mit dem Charme einer Berliner Eckkneipenbesitzerin, war doch nach zwei blöden Sprüchen von mir tatsächlich zu Scherzen aufgelegt und hat sogar mit mir angebendelt.

Also völlig unschuldig und nur zum Spaß - ist klar.

Mich hat tatsächlich jeder Mitarbeiter, die alle fleißig am Einräumen waren, gegrüßt!

Leroy dachte, er wäre auf dem Dorf. Mit der Bedienerin der Reinigungsmaschine, eine Art Kleinwagen, bin ich fast drei Mal zusammengestoßen. Statt mich anzukacken oder zumindest eine Hackfresse zu ziehen und genervt zu schnaufen, wie es sonst orts- und branchenüblich ist, wurde mich mit einem Augenzwinkern und dem Spruch begrüßt: "Na, junger Mann - wie heeßt se denn, an die Se denken? Muss ja ne janz jewaltige Schnitte sein!"

Das mit dem "jungen Mann" fand ich natürlich ziemlich gut. Vor fünfzig Jahren hätte man dann vermutlich der Dame einen freundschaftlichen Klaps auf den Arsch gegeben. Ich war mir aber nicht ganz sicher, ob das noch Usus ist oder schon als sexuelle Belästigung gilt. Daher hab ich's lieber gelassen.

Am Schluss hatte ich nur Fleisch, Suppengemüse und Zahnpasta im Wagen und bin dann zur Kasse getrottet.

Kasse noch geschlossen, nur irgendwelche Do-it-yourself-Kassenautomaten und eine Hilfsperson.

Leroy geht nie an Kassenautomaten, aus Prinzip nicht. Das habe ich der Dame dort auch gesagt. Macht nix, sagt sie, dann mach ich das schnell für Sie!

Das hat mich dann wirklich umgehauen.

Am Schluss bin ich zwar noch gegen die Ausgangssperre gerannt, weil man dort den Code seines Kassenbons einscannen muss, um rausgelassen zu werden. Das wusste ich natürlich nicht.

Selbst das und die dadurch halb demolierte Schranke wurde strahlend akzeptiert.

Ich war völlig verstört. Das Erlebnis muss ich erst noch verarbeiten.

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