Ich nutze Facebook, um mich mit Freunden und Kollegen zu verbinden und auszutauschen. Dieser Austausch hat teilweise einen geschäftlichen, teilweise einen privaten Hintergrund.
Ich möchte nicht, dass Facebook als öffentlich zugängliches Netzwerk Inhalte in irgendeiner Form zensiert. Das gilt zumindest solange, wie diese Inhalte nicht strafbar oder in gefährlicher Form irreführend sind.
Vor ein paar Monaten hat einer meiner Freunde das Gedicht „Deutschland erwache!“ von Kurt Tucholsky auf Facebook gepostet. Einige Zeit später bekam er eine Sperre von Facebook. Nun gehe ich nicht davon aus, dass Facebook aktiv Inhalte von Tucholsky unterdrücken möchte. Ich vermute, dass ein Suchalgorithmus ein paar Stichworte in dem Text gefunden hat, die als „Gewalt“ oder „Gewaltandrohung“ interpretiert wurden. Der kritische Text spielt mit der Sprache der Nazis.
Nach einer Beschwerde wurde die Strafe in ein 30tägiges Verbot, online zu gehen, umgewandelt. Aber Facebook erklärte auch, sie könnten nicht jeden Fall einzeln prüfen.
Ich habe den Post geteilt und heute (20.05.2020) ebenfalls eine Sperre erhalten. Mein Post dazu wurde ebenso wie ein Repost in einer Gruppe gelöscht. Zitat: „Dieser Beitrag verstößt gegen unsere Standards zu gefährlichen Personen oder Organisationen“.
Wenn ein öffentlich zugängliches Netzwerk Inhalte zensiert, hat es aus meiner Sicht auch die Pflicht, nicht einfach auf Verdacht Inhalte zu entfernen. Facebook sollte gewaltverherrlichende Nazitexte und Kritiker der Nazis nicht auf eine Stufe stellen. Eine solche inhaltliche Prüfung ist nun mal teuer und aufwendig. Aber es geht nicht an, dass Tucholsky schon wieder zensiert wird.
Facebook ist keine staatliche Institution, für die das Zensurverbot unmittelbar gilt. Aber Facebook ist ein Massenmedium. Deshalb hat es auch eine moralische und rechtliche Verpflichtung, seine Nutzer fair zu behandeln.
Ich kann auch ohne Facebook leben. Vorher möchte ich aber noch ein paar Gedichte von Tucholsky posten.