Die letzte Wochen waren für uns Börsianer ein echter Segen. Nicht wenige Titel gingen extrem stark nach oben. Dies erwischt natürlich wieder einige der Leute an der Seitenlinien völlig falsch. Diese warten ja noch die Corona-Krise ab, die in vielen Teilen der Welt noch vollkommen im Gange ist. Wie kann es also sein, dass an der Börse nun wieder in den Partymodus übergegangen wird? Sind die den alle Irre? Solche Fragen bekomme ich in jüngster Zeit häufiger. Zeit dies einmal zu beantworten ;)
Die Zukunft
Zum einen liegt dem ganzen ein ganz elementares Missverständnis zu Grunde. Wer nun auf das Ende der Corona-Krise wartet um endlich wieder investieren zu können, hat einen wichtigen Grundsatz der Börse nicht verstanden. Es werden dort nicht die Werte von Unternehmen gehandelt, sondern die Zukunft von diesen. Immer wieder passiert es, dass irgend ein Ereignis eintritt und die Zuschauer sich darüber wundern.
Lufthansa fliegt aus dem DAX und die Kurse steigen erst einmal. Wie passt das zusammen? Nun ganz einfach: Es war eine Nachricht und keine Neuigkeit. Das die Lufthansa bereits angezählt wird und aus dem DAX fliegt war vermutlich den meisten Börsianern bereits bekannt. Auch das die Deutsche Wohnen der wahrscheinlichste Kandidat als Nachrücker sein wird. Entsprechend sind all diese Dinge unlängst bereits eingepreist.
Irgendwann berichtet die Mainstreampresse dann darüber, wenn es wirklich soweit ist und die Leute wetten auf eine Kursbewegung, die es längst bereits gegeben hat. Dann ist die Verwunderung eben sehr groß, wenn das Gegenteil von der Erwartung eintritt. Bitte lernt wirklich zu unterscheiden zwischen „es wird über etwas berichtet“ und „es ist wirklich eine neue Information“.
Als Privatanleger würde ich allerdings gar nicht empfehlen Informationen zu handeln. Wann immer ihr dazu kommt diese zu lesen, wird es unlängst eingepreist sein. Handelt lieber die Zukunft! Wächst ein Unternehmen langfristig und/oder hat ein solides und etabliertes Geschäftsmodell, dann ist es wert rein zu gehen. Wer versucht News-Trading zu betreiben, verbrennt sich meist sehr schnell die Finger. Mal abgesehen davon, dass das ohnehin viel stressiger ist.
D.h. wenn Corona vorbei ist, wird es keine Feier geben. Dann ist jedem an der Börse längst schon bekannt, dass es vorbei ist und es ist in den Werten eingepreist. Fällt morgen ein Impfstoff vom Himmel, dass günstig herzustellen ist, dann würde es eine Neuigkeit sein, die eine echte Party auslöst. So bereitet sich die Börse eher darauf vor, dass Corona langfristig in den Griff zu kriegen ist.
Konjunkturprogramme
Auch haben wir in der letzten Woche fast weltweit die Auflage von Konjunkturprogrammen erlebt. So mancher junger Mensch reibt sich plötzlich verwundert die Augen, weil er einmal so etwas wie „Steuersenkung“ erlebt ein Konzept, was genauso wirr wirkt wie „Negative Zinsen“ vor 30 Jahren. Ohne nun auf die Maßnahmen eingehen zu wollen und ihre Sinn zu bewerten: Jedes Konjunkturprogramm wird ein Wachstum erzeugen.
Über die Effektivität lässt sich dann sicherlich streiten. So geht auf John Maynard Keynes zurück, dass der Staat auch Leute dafür bezahlen kann Löcher zu graben und diese wieder zu zu schütten. So sinnlos diese Tätigkeit als Volkswirtschaft auch erscheinen mag, die Arbeiter bekommen einen Lohn und können damit los laufen um shoppen zu gehen.
Nichts anderes ist am Ende auch Heliktopergeld, dass eigentlich ein billiger Taschenspielertrick ist. Wenn alle Bürger den gleichen Geldbetrag bekommen, hat am Ende niemand etwas mehr, weil die Inflation die Preise antreibt. Aber da viele Menschen den Trick nicht durchschauen, werden mehr Leute los laufen um sich etwas zu kaufen. Und genau dies bewirkt am Ende eben den Konjunktureffekt.
Bei uns wird dies nun über die Mehrwertssteuer versucht und ich bin mir sicher, dass viele Leute einige Anschaffungen vorziehen werden oder nun in diese Zeit verlagern werden. Vielleicht sogar Dinge kaufen, die sie eigentlich nicht geplant haben oder noch nicht so wichtig waren. Entsprechend fließt wieder Geld in die Unternehmen rein und da bekommt der Aktionär natürlich Freudentränen ins Gesicht.
Denn steigende Gewinne machen die Unternehmen wertvoller und entsprechend beflügelt dies natürlich auch die Fantasy an der Börse.
Geldschwemme
Fast überall auf der Welt wird momentan der Lockdown und die Corona-Bekämpfung über die Geldpresse geführt. Defakto wird neues Geld erschaffen sei es in Form von Buchgeld auf den Konten, über Schuldverschreibungen oder eben als echtes Geld. Es spielt am Ende erst einmal keine Rolle. Es ist da und Geld ist immer dann schlecht, wenn dieses irgendwo an der Luft herumoxidiert.
Also muss das Geld irgendwo hin fließen. Anleihen, Immobilien und Aktien sind dort wohl der größte Teil vom Kuchen. Und was passiert wenn an einem Markt mehr Geld zur Verfügung steht? Die Preise werden nach oben getrieben, weil die begrenzten Assets dahinter gleich geblieben sind. Der Börse ist es dabei egal, woher dieses Geld kommt, solange es da ist.
Entsprechend gehören natürlich auch all jene ohne Assets im Portfolio momentan zu den großen Verlierern der Krise, da ihre Vermögen nicht steigen, allerdings alles am Ende teurer wird. Dabei sind dies zumeist die Leute die am meisten jubeln, weil der Staat ohne neue Steuern versucht die Krise in den Griff zu kriegen. Am Ende werden sie es trotzdem mit einem Konsumverzicht (und eine Steuer ist nichts anderes) bezahlen.
Als jemand der bereits Aktien hält, freut man sich entsprechend darüber, dass es die Kurse nach oben treibt und seine Unternehmen an Wert gewinnen.
Technologiewerte
Gerade Technologie und Wachstumswerte profitieren momentan überdurchschnittlich gut. Dies ist nun kein Corona-Effekt, sondern eher ein langjähriger Trend der letzten Jahre. Ein Unternehmen, dass ein funktionierendes Geschäftsmodell hat und sich auf Wachstum konzentriert hängt wie der Junkie am Geld. Je mehr Geld es oft zur Verfügung stehen hat, desto schneller kann es wachsen und seine Gewinne steigern.
Bei den aktuellen Zinsen kann man gelinde sagen, dass Geld momentan nichts kostet. Entsprechend leicht ist es sich am Kapitalmarkt mit frischem Geld einzudecken und entsprechend gut florieren gerade eben solche Unternehmen auch.
Dies ist ja auch der Grund für meine NASDAQ-Wette, die sich mit rund 25% in wenigen Monaten bereits sehr gut bezahlt gemacht hat. Als Value-Investor mag man solche Trends natürlich ein wenig mit Kummer verfolgen, aber es ist eben auch ein Effekt, der aktuell die Kurse nach oben treiben lässt.
Fazit
Betrachtet man die aktuelle Situation, so ist es nicht wirklich irritierend, dass die Kurse nach oben gehen. Insbesondere das Attest, dass die Märkte irre geworden sind, ist eher falsch und zeigt davon, dass die Person eher das große Ganze aus den Augen verloren hat.
Momentan gibt es mehr Gründe dafür, dass die Kurse nach oben gehen als nach unten. Gerade dann, wenn wir betrachten, woher das ganze Geld in den nächsten Jahren alles kommen wird mit dem wir den Lockdown bezahlen, wird davon auszugehen sein, dass der Sparkontobetreiber noch härter dafür zur Kasse gebeten wird. Nicht unbedingt durch den Staat, sondern eher an den Märkten.
Insgesamt schwingt momentan ein gewisser Optimismus an den Märkten mit, dass wir bald Corona bezwungen haben. Momentan sieht vieles danach aus und zumindest bereiten sich die meisten Länder der Welt auf Lockerungen zu. Dies ist zumindest wirtschaftlich zu begrüßen. Kommt es am Ende dann aber zu einer zweiten Welle und es bricht wieder weltweit aus, dann ist die Party an den Börsen auch wieder sehr schnell zu Ende. Aber dies wäre dann eben eine echte Neuigkeit und die Karten werden dann ohnehin wieder neu gemischt.
Ich hoffe diese kleine Erläuterung erklärt es für einige was dort gerade eigentlich an der Börse passiert. Was auf dem Bankett passiert mag zwar manches Mal irre sein, aber der Markt handelt stets in sich rational, denn er repräsentiert die Entscheidung all seiner Marktteilnehmer. Und wenn die alle irre geworden sind, würde die Welt ganz anders aussehen ;)