Klimareligion hat EZB erreicht

Liebe Steemianer,

eine von der Europäischen Zentralbank (EZB) in Auftrag gegebene Studie hat ergeben, dass angeblich in Volkswirtschaften, in denen die Unternehmensfinanzierung eher über den Aktienmarkt verläuft, weniger Schadstoffemissionen erzeugt werden als in solchen, in denen die Finanzierung eher über den Bankensektor erfolgt. Aktienmarktfinanzierte Unternehmen seien eher innovativ und energieeffizient. Außerdem drohten umweltfreundlichen Unternehmen weniger oft Umweltkatastrophen mit kostspieligen Schadenersatzansprüchen, was insbesondere für Aktienanleger von Interesse ist. Die Autoren sprachen daher die Empfehlung aus, dass Ländern mit stark bankbasierten Finanzsystemen nicht nur auf neuartige Anlageformen wie "Grüne Anleihen" setzen, sondern auch die Entwicklung eines effizienten Aktienmarkts im Fokus haben sollten, um umweltfreundliche Innovationen optimal zu fördern (Quelle), offenbar nach dem Motto: der Markt wird es schon richten.

Ich kenne die Studie nicht im Detail, aber das klingt zunächst nicht unvernünftig und deckt sich auch mit historischen Erfahrungen der 1970er- und 80er Jahre, wo grob die Formel galt, je kommunistischer (wenig aktienbasiert) ein Land, desto stärker war die Umweltverschmutzung.

Die neue EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte bei ihrer Anhörung vor dem Europäischen Parlament am 17.Sep. 2019 aufhorchen lassen, in dem sie verkündete: "Klimawandel und Umweltschutz sollten für jede Institution im Mittelpunkt stehen". Das überraschte etwas, denn sollten nicht z.B. Wohlstandsvermehrung oder finanzielle Stabilität zunächst im Vordergrund stehen, und danach erst die Umwelt kommen? War diese Aussage eine Anbiederung an den Zeitgeist oder vielmehr eine Ankündigung, dass die EZB künftig verstärkt Green Bonds kaufen wird?
Die sind schon seit 2014 regelrecht am Explodieren und derzeit voll im Trend:

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Quelle

Manche Analysten rechnen demnächst mit einem regelrechten "Green QE" (quantitative easing), also einer Fortführung des höchst umstrittenen Anleihenkaufprogramms im grünen Mantel. Wenig überraschend, sucht doch die EZB nach Alternativen, um im Rahmen ihrer ultralockeren Geldpolitik neue Anleihen zu kaufen. Da wäre "Green QE" ein willkommener Vorwand (Quelle).
Selbst Bundesbank-Chef Jens Weidmann äußerte Bedenken gegen "Green QE", denn bei der Umsetzung der Geldpolitik müsse der Grundsatz der Marktneutralität beachtet werden. "Bevorzugt grüne Anleihen zu kaufen, würde diesem Grundsatz widersprechen." Aber hat man je auf einen Rat aus Deutschland gehört?

Was ist eigentlich ein "grünes" Investment?

EU-weit gibt es noch keine einhetliche Regelung. In Frankreich wird Atomenergie als ökologisch "nachhaltige" Energieform gesehen! In Deutschland würde so eine Bezeichnung eine nationale Schnappatmung verursachen.
Es gibt zwar von dem in Zürich sitzenden Lobbyverein "Branchenverband" ICMA (International Capital Market Association) herausgegebene „Green Bond Principles“ (GBP), wonach das investierte Geld die Umwelt schützen oder den Klimawandel bekämpfen soll. Diese sind aber komplett freiwillig und der Begriff Green Bond ist nicht geschützt. Jeder kann eine Anleihe ausgeben und sie "grün" nennen (Quelle). Im Zweifel muss der Anleger jedes Papier einzeln prüfen.
Der Vermögensverwalter DWS etwa prüft, bevor er Geld investiert, nach eigens erstellten Kriterien, einer sog. "ESG-Engine" (Environment, Social, Governance). Diese sind allerdings etwas eigen: Ein Projekt kann noch so umweltfreundlich sein, aber kontoverse Waffen wie Antipersonenminen oder Uranmunition, gehen gar nicht! Beruhigend zu wissen, aber herkömmliche Waffen können also schon "grün" sein (Quelle)?

Für 2019 gibt die CBI (Climate Bonds Initiative) an, dass Green Bonds über 52,6 Mrd$(!) nicht ihren Kriterien genügen, also entweder "Zweifel darüber bestehen, ob diese überhaupt klimarelevant sind, oder dass es keine ausreichende Transparenz gibt, wo das Geld hinfließt" (Quelle).
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Quelle

Zum Beispiel wurde der Windpark Pretul in der Steiermark zu 3/4 über eine grüne Anleihe finanziert, die 14 Windräder kosten 49Mio€. Sie vertragen Temperaturen bis -40 Grad Celsius. Vereisen sie, taut eine Heizung sie auf - tolle Sache!

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Windpark Pretul in der Steiermark, schade um die einst schöne Landschaft Quelle

Der sich sehr grüne gebende spanische Ölkonzerns Repsol hat auch einen "Green Bond" ausgegeben. Zweck: Raffinerien sollen damit so nachgerüstet werden, sodass sie 1,2 Mio t CO2 pro Jahr sparen. Klingt super! Der Haken dabei: Durch die Modernisierung können die Raffinerien länger in Betrieb bleiben und deshalb in Summe mehr Treibhausgase ausstoßen Quelle.

Wofür die grünen Gelder ausgegeben wurden laut CBI:
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Quelle

Und die Performance?

Laut dieser Arbeit der Universität Rotterdam aus 2017 war die Performance eines Samples von 229 Green Bonds im Vergleich zu 329 konventionellen signifikant besser. Man weiß aber nicht, welchen Hintergrund oder welche Motivlage der Autor hatte. Zumindest war kein Interessenskonflikt angegeben.
Laut Bloomberg ist die Performance der Green Bonds ebenfalls, allerdings minimal besser:
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Aber die Zahlen sind mit Vorsicht zu geniessen: Während im EIGI (graue Linie oben) 7300 Anleihen mit einem Vol. von 15,3 Bio € enthalten sind, sind es im Green Bond Index (blaue Linie) 200 Werte mit "nur" 207 Mrd €, wovon einige eine hohe Gewichtung haben und eher von AAA Herausgebern kommen - schwer vergleichbar.
Interessant: Laut dieser Arbeit der Stanford University aus 2019 sind die Investoren im Gegensatz zu theoretischen Überlegungen nicht bereit ein Premium für Green Bonds zu zahlen (ein sog. "Greenium"), d.h. einen Aufpreis dafür, etwas Gutes für die Umwelt zu tun.

Mit Einem muss man jedenfalls rechnen:
Die Notenbank wird Key-Player bei der Ökologisierung der Wirtschaft (solange sie zumindest noch am Laufen ist). Sie wird vom Laien zu einem Erzbischof der Klimareligion und geht nahtlos von der Banken- zur Klimarettung über. Quelle

Ob das gut geht? Schon im kleinen Stil, bei der "Energiewende" in Deutschland kam es zu eklatanten Marktverzerrungen und Fehlallokationen. Ein paar Windparkbetreiber haben sich eine goldene Nase verdient, bezahlen tun es die dummdeutschen Schlafschafe mit dem höchsten Strompreis in Europa.

Frage:
Würdet Ihr in Green Bonds investieren? Und wenn ja, warum? Wegen des schlechten Gewissens oder wegen eines lukrativen Investments?

Früherer post ggf. von Interesse:
Die Energiewende ist gescheitert

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