Mein Geschichtsverständnis 1

Guten Morgen liebe Steemer!
Heute möchte ich eine neue Reihe starten. Diesmal über mein Geschichtsverständniss und alles was mir so zum Thema Geschichte durch den Kopf geht. Mir ist natürlich klar, dass ich hier meine Gedanken niederschreibe. Daher, sollte etwas unklar sein, keinen Sinn ergeben usw., einfach in die Kommentare hineinschreiben. Dumme Fragen gibt es ja bekanntlich nicht, nur dumme Antworten :)

Ansonsten, wie immer, viel Interesse beim Lesen!

Mein Geschichtsverständnis

Teil 1

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Was ist Geschichte? Was der Unterschied zwischen Geschichtswissenschaft und Geschichtsschreibung? Wozu braucht man das? Braucht man das überhaupt? Gibt es eine Theorie der Geschichte?

Ich für meinen Teil bekenne gleich, ich liiiiiiiiiiiiiiebe Geschichte!
Kurz zur Etymologie. Das Wort Geschichte leitet sich von geschehen her. Es hat die Bedeutung von „etwas Geschehenes“, „etwas Gewesenes“, aber auch im Sinne von Erzählung. Diese Bedeutungen führten dann auch zur Benennung der Wissenschaft im Sinne von „etwas erzählen das gewesen ist“, eben die Wissenschaft von dem was war.
Damit ist auch der Rahmen abgesteckt, in dem sich die Thematik bewegt. Es geht um das Vergangene! Nicht um die Gegenwart, nicht um die Zukunft, sondern nur um das auf das wir keinen Einfluss mehr haben.
Ich finde diesen Punkt extrem wichtig, und möchte kurz erklären warum.

Von den Historiographen (Geschichtsschreibern) früherer Jahrhunderte und Jahrtausende bis herauf zur modernen Geschichtswissenschaft hat man immer wieder versucht das Gewesene zu interpretieren, zu deuten. Das Geschehene in einen Kontext zu stellen. Das ist zwar legitim, wirft allerdings einige Probleme auf. Von Ranke stammt das Zitat: „Jede Epoche ist unmittelbar zu Gott.“ Er meinte damit, dass jede Epoche „nur“ für sich zu betrachten sei, ohne Vorgeschichte, ohne Nachwirkungen.
Zum Teil ist das auch richtig! Denn jede Epoche hat seinen ganz eigenen Charakter. Ohne diesen zu kennen, kann man unterschiedliche Epochen gar nicht verstehen. So waren z.B. für die alten Griechen Philosophie und Logik von zentraler Bedeutung gewesen, bei den Römern waren es Recht und Tradition Im Mittelalter war es der Glaube und Ethik, in der frühen Neuzeit Staat und Vernunft. Heute ist es das Geldverdienen und die Machbarkeit (und so wie alles läuft, dürfte das wohl auch noch längere Zeit der Grundtenor bleiben).
Und jede Epoche hat auch seinen ihr eigenen Wert! Den dieser Grundtenor bringt eben auch viel Positives hervor, solange, bis es ausgereizt ist und etwas Neues von Nöten ist.
Und dennoch. Jede Epoche baut unweigerlich auf der voran gegangenen auf, und dient zugleich als Fundament für die nachfolgende Epoche.
Wir können also das SEIN einer Epoche nicht ändern. Was wir allerdings tun können, und auch fleißig tun, ist, die Deutungen zu ändern.

Wir haben das Problem in der Geschichte, dass das Meiste von dem was in den Geschichtsbüchern steht „nur“ Interpretationen sind. Wir neigen nämlich dazu, unsere Version für die reine Wahrheit zu nehmen. Unseren Grundtenor für den einzig wahren zu halten. Dadurch glauben wir auch, wir könnten vergangene Taten quasi umschreiben, eine neue Wirklichkeit schaffen. Das hat viel mit Marx, Nietzsche, dem Konstruktivismus und der Erkenntnistheorie nach Popper zu tun.
[Ich möchte auch anfügen, dass ich es für eine intellektuelle und ethische Bankroterklärung halte, einerseits die Geisteswissenschaften abzuschaffen, und andererseits die Politik mit der Geschichte zusammen zu legen!]
Doch das ist fundamental falsch!
Wieso?

Ich habe in einem früheren Post über Ideologien das Beispiel vom Schlüssellochblick gebracht und möchte dieses nochmal aufgreifen.
Denken wir uns einen Raum mit vier Wänden, an jeder Wand eine Tür, in der Tür ein Schloss und in jedem Schloss ein Schlüsselloch. Jede Deutung gleicht einem Blick durch eines diese Schlüssellöcher. Und obwohl jeder etwas anderes sieht, sehen alle doch das Gleiche. So hat jede Version Recht und Unrecht zugleich. Die Lüge und Desinformation lassen wir mal außen vor!
Das würde dann auch erklären warum man sich über Geschichte so trefflich streiten kann.
Will man also vom Raum sprechen, reicht der Blick durchs Schlüsselloch nicht aus. Auch andere Blickwinkel zu verneinen, oder gar zu unterdrücken, ändert an dem je geschehenen gar nichts!
Damit will ich nicht sagen, man sollte das Interpretieren sein lassen, nein. Doch man sollte sich bewusst machen, dass, wenn man interpretiert nicht erklärt. Denn normalerweise baut man eine Theorie anhand von Fakten auf. In der Geschichtswissenschaft tun wir heute allerdings oft das Gegenteil. Wir bauen uns eine Theorie und nehmen dann nur Fakten hinein welche unsere Theorie stützen. Alles andere ist dann halt vernachlässigbar.
Wir blicken durch ein Schlüsselloch, was wir sehen beschreiben wir und den restlichen Raum denken wir uns dazu. Was die anderen drei durch ihr Schlüsselloch sehen ist dabei egal. Ich muss nur schaffen das meine Ansicht von den meisten geteilt wird, vor allem von den meisten Politikern, und schon ist meine Sicht die bestimmende. Der Blick durch die anderen drei Schlüssellöcher wird dann nur mehr im besten Fall egal sein, im schlimmsten wird er unter Strafe gestellt (was ja auch heute in Form von Tabus und Freiheitsstrafen tatsächlich traurige Realität ist!).
Nur führt das halt zu nichts. Ist eine Geschichte fehlerhaft kann man seine Fehlerhaftigkeit nicht dadurch ändern das man selbige einfach ignoriert. Da es sich um eine vergangene Handlung handelt, ist sie überhaupt nicht zu ändern.

Was also könnte man tun?
Das was war annehmen so wie es war! Und hier trennt sich auch die Spreu vom Weizen. Denn, hat man tatsächlich etwas übrig für ein Thema. Will es ergründen, verstehen, so wird man auch den Teil davon annehmen der einem zuwider ist.
Ich denke, wenn man sich mit einem geschichtlichen Thema oder der Geschichte im Allgemeinen befasst, sollte man zuerst verinnerlichen, dass der Gegenstand so ist wie er ist. Manchmal schön, manchmal schirch.
Ob es einem passt oder nicht!

Vielen Dank für euer Interesse!

Parzifal

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